EuroPride 2018 in Göteborg (Tag 2)

Europride 2018 Göteborg

(Werbung für Stena Line) Herzlich willkommen zur EuroPride 2018 in Göteborg. Das Festival für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transpersonen, Queers und alle ihre Freunde findet in diesem Jahr zum ersten Mal in zwei Städten statt – in Stockholm und in Göteborg. Unter dem Motto „Two cities, one country – For a united Europe, open to the world” halten beide Städte in Schweden die Regenbogenfahnen hoch.

Ankunft in Göteborg

Nach einer ruhigen Nacht auf der Stena Line-Fähre „Stena Scandinavica“ kamen wir am Samstagmorgen um 9:15 Uhr bei strahlendem Sonnenschein pünktlich in Göteborg an. Mit der Straßenbahn fuhren wir zu unserem Hotel in der Innenstadt. Da wir schon früh am Morgen in unser Hotelzimmer einchecken konnten, hatten wir noch ein paar Stunden Zeit, um uns auszuruhen und Kräfte für die EuroPride zu sammeln. Ich nahm ein heißes Bad und genoss die herrliche Aussicht: Unser Zimmer befindet sich im fünften Stock des Hotels und bietet einen wunderbaren Blick auf den Hafen von Göteborg. Gegen Mittag machten wir uns dann auf den Weg in die Stadt.

Ankunft am Stena Line-Terminal in Göteborg
Ankunft am Stena Line-Terminal in Göteborg

EuroPride Park

Der EuroPride 2018 besteht aus Hunderten von Veranstaltungen. Es gibt Diskussionsrunden, Seminare, Ausstellungen, Konzerte und Partys an verschiedenen Orten, über die ganze Stadt verteilt. Da wir nur für zwei Tage in Göteborg sind, können wir uns leider nicht alles anschauen. Unsere erste Station ist daher der EuroPride Park auf dem Kungstorget, einem der größten Plätze im Stadtzentrum. Der EuroPride Park kostet keinen Eintritt und ist für alle Besucher zugänglich. Hier gibt es Stände verschiedener Organisationen, die sich für die Gleichstellung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen einsetzen. Man kann sich informieren, diskutieren, leckeres Essen und Getränke probieren oder einfach nur dem Unterhaltungsprogramm auf der Bühne folgen. Wir lauschten den coolen Beats einer jungen schwedischen Rapperin.

Leider begann es kurz nach unserer Ankunft am EuroPride Park wie aus Eimern zu schütten. So flüchteten wir vor dem Regen in die Saluhallen, die große Göteborger Markthalle.

EuroPride Parade

Am Nachmittag begann dann der Höhepunkt der EuroPride 2018: Die große Pride Parade mitten durch Göteborg. Die Parade führte quer durch die Innenstadt und schließlich über die Kungsportsavenyn zum Götaplatsen, einem weiteren großen Platz im Zentrum von Göteborg. Hier fand schließlich vor einer riesigen Bühne die große Abschlussparty statt.

EuroPride 2018: Bunte, aber leise Prideparade durch Göteborg
EuroPride 2018: Bunte, aber leise Prideparade durch Göteborg

Im Vergleich zu CSD-Paraden in Deutschland bot die EuroPride Parade übrigens einige Besonderheiten: Da in Schweden das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten ist, gab es weit und breit keine Getränkestände, an denen man ein Bier oder dergleichen hätte kaufen können. Da wir eh nicht viel Alkohol trinken, fiel dieser Umstand nicht weiter in Gewicht.

Ein Gaypride in Schweden gibt jedoch auch einen interessanten Einblick in ein Land, in welchem hinsichtlich der Gleichstellung von LGBT-Menschen fast alles erreicht scheint: Ob Busse, Bahnen, Geschäfte oder öffentliche Gebäude – die gesamte Stadt ist sehr aufwändig mit bunten Regenbogenflaggen geschmückt. Trotzdem waren wir verwundert, dass auf den Straßen kaum (offensichtlich) schwule Männer zu sehen waren! Während bei einer CSD-Parade in Deutschland das Stadtbild von schwulen Männern in knappen Höschen, Fetischkleidung wie Latexanzügen und Lederuniformen, Dragqueens oder Muskelmännern mit freiem Oberkörpen bestimmt wird, scheint der Gaypride in Schweden eher familienorientiert zu sein: Überall am Straßenrand standen Familien mit Kindern, Heteropaare und Rentner und wedelten mit ihren bunten Regenbogenfahnen.

EuroPride 2018 Parade in Göteborg
EuroPride 2018 Parade in Göteborg

Und auch den Start der Parade hätten wir beinahe verpasst – denn der gesamte Umzug lief sehr leise ab. Im Gegensatz zu CSD-Paraden in Köln, Hamburg oder Berlin gab es auf der EuroPride in Göteborg keine Trucks mit haushohen Lautsprechertürmen, aus denen hypnotische Housebeats pumpen. Stattdessen hatten sich einige Teilnehmer eigene tragbare Smartphone-Lautsprecher mitgebracht, damit sie zumindest zu einem leisen Beat tanzen konnten. Andere Gruppen sangen die Lieder einfach selbst, z.B. „Take on me“ von A-ha oder Songs von Lady Gaga. Zwar maschierten auch hier LGBT-Gruppen unterschiedlichster Art, von schwul-lesbischen Anarchisten bis zu mit Regenbogenfarben geschminkten Soldaten der schwedischen Armee – der Großteil der Teilnehmer schien jedoch auch hier aus Familien mit Kindern, jungen Mädchen und sogar Händchen haltenden Heteropaaren zu bestehen. Schwule Männer schienen auf der EuroPride-Parade fast eine Randgruppe zu sein.

Abschlusskonzert mit Boy George & Culture Club

Dieses Bild änderte sich auch beim absoluten Höhepunkt der EuroPride 2018 (zumindest aus unserer Sicht ;-)) nicht: Beim großen Abschlusskonzert mit Boy George & Culture Club am Abend schienen wir das einzige schwule Paar unter Tausenden von Heteros zu sein.

Abschlusskonzert: Boy George & Culture Club auf dem Götaplatsen
Abschlusskonzert: Boy George & Culture Club auf dem Götaplatsen

Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen (und ein wenig im Internet recherchiert) habe, bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Dies muss die vielgepriesene freiere, sozialere und menschlichere Gesellschaft in Skandinavien sein, von der ich bisher nur gelesen habe. Offensichtlich scheinen wir in Deutschland noch einen weiten Weg vor uns zu haben. Umso trauriger stimmt mich Blick auf die aktuelle politische Lage in unserem Land: Bis die hasserfüllten Ewiggestrigen ihren Widerstand gegen ein – in jeder Hinsicht – freies Land aufgegeben haben, werden wohl noch viele Jahrzehnte vergehen. Und aktuell scheint sich die Gesellschaft in Deutschand leider wieder rückwärts zu entwickeln….

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