Reisetagebuch: Tag 4 – Bangkok Chinatown

Tag 4 unserer Thailand-Reise und der zweite Tag in Bangkok. Nachdem wir am gestrigen Tag das moderne Bangkok rund um den Siam Square  erkundet haben, wollen wir heute die obligatorischen Sehenswürdigkeiten des alten Bangkoks abklappern. Auf dem Besichtigungsplan stehen der Königspalast (Grand Palace), der Wat Pho mit dem berühmten liegenden Bhudda sowie der Wat Arun (Tempel der Morgenröte) am westlichen Ufer des Chao Phraya sowie Bangkok Chinatown.

Bangkok Garküche
Bangkok Garküche

Per Sky Train oder U-Bahn gibt es keine Möglichkeit, von unserem Hotel aus in diesen Teil Bangkoks zu gelangen und mit dem Taxi steht man vermutlich sowieso die meiste Zeit im Stau. Außerdem wollen wir ja möglichst viel sehen und neue Eindrücke gewinnen. Nachdem wir gestern weite Teile des östlichen Bangkoks zu Fuß erkundet haben, beschließen wir daher nach einem Blick auf den Stadtplan, uns zu Fuß auf den Weg zu machen. Die Entfernung sollte kein Problem für geübte Fußgänger wie uns darstellen und den Chao Phraya kann man schließlich mit einer der zahlreichen Fähren überqueren. Laut Stadtplan muss man lediglich den Stadtteil Yaowarat, Bangkoks Chinatown, durchqueren, um zu Thailands bekanntesten Touristenzielen zu gelangen – wenig einladende Foto von Bangkok Chinatown, die ich vor der Reisen in einem Reiseführer gesehen hatte, verdränge ich schnell. Schließlich sind wir seit gestern erfahrene Asien-Experten, wird also schon nicht so schlimm sein.

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Fußmarsch durch Bangkok Chinatown

Nach einem hervorragenden Frühstück im Hotel machen wir uns auf den Weg. Die vor dem Hotel auf uns lauernden Taxi- und Tuk-Tuk-Fahrer lassen wir links liegen und biegen am Fuße des mächtigen State Towers rechts in die Charoen Krung Road ein, die auf knapp 8 Kilometern Länge nahezu parallel zum Chao-Phraya-Fluss auf dessen östlichem Ufer direkt zum Grand Palace führt und dabei Bangkok Chinatown durchquert. Ganz offensichtlich ist dieser Teil Bangkoks schon um einiges ursprünglicher als die gestrigen klimatisierten Einkaufscenter am Siam Square. Selbstverständlich halten wir uns an die thailändischen Sitte, Tempelanlagen nur in respektvoller Kleidung zu besichtigen, und laufen deswegen bei mindestens 35 Grad und der wie üblich sehr hohen Luftfeuchtigkeit in langen Hosen vorbei an den obligatorischen Garküchen, unzähligen Juweliergeschäften und Schneiderinnen, die ihre Nähmaschinen nicht nur auf dem Bürgersteig, sondern sogar auf Verkehrsinseln inmitten des höllischen Verkehrs aufgebaut haben, um dort mit einem Mundschutz bekleidet ihrer Arbeit nachgehen.

Die engen Gassen von Bangkok Chinatown
Die engen Gassen von Bangkok Chinatown

Irgendwann gabelt sich die Straße und wir beschließen nach kurzem Studium des Stadtplans, eine Abkürzung einzuschlagen und die Hauptstraße zu verlassen. Wir überqueren die ersten Khlongs, die früher als Transportwege über das Wasser, heute aber überwiegend als Fäkaliengruben dienen, und lachen über die unschönen Gerüche, die bei der Hitze aus der braunen Brühe zu uns emporsteigen. Langsam werden die Straßen enger, die thailändischen Schriftzeichen an den Geschäften und auf Werbetafeln werden durch chinesische abgelöst und sogar das Angebot der Garküchen hat sich merklich verändert: Wir sind in Bangkok China Town angekommen.

Die Straßen haben sich ein ein enges Gewirr aus Gassen verwandelt, durch die keine Autos mehr hindurch passen. Laut Stadtplan sind wir jedoch immer noch auf dem richtigen Weg, also beschließen wir, weiter zu gehen. Links und rechts der Gassen befinden sich Werkstätten, Werkstätten und noch mehr Werkstätten. Vor und in den Werkstätten türmen sich Autoteile aller Art: Bremsen, Felgen, Auspüffe und Motoren sind mitten auf der Straße zu mannshohen, ölverschmieten Haufen aufgeschüttet worden. Im Vergleich dazu herrschen bei den Ludolfs Ordnung und Sauberkeit. Mittendrin spielen Kinder und Hunde oder wird Essen zubereitet. Langsam dämmert uns, dass hier nicht nur auf dem Bürgersteig gearbeitet, sondern auch gewohnt wird. Andere Ausländer mit weißer Hautfarbe haben wir schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen, und obwohl hier niemand von uns Touristen Notiz zu nehmen scheint, halte ich es für unangemessen, mit klickendem Fotoapparat durch die Gassen zu laufen. Daher gibt es von einer der interessantesten Erfahrungen unserer Reise leider keine Bilder. Auf youtube habe ich jedoch dieses Video gefunden, dass die Berge von Ersatzteilen anschaulich widergibt:

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Wir gehen weiter und lernen, dass in Bangkok Chinatown anscheinend jede Gasse von einer anderen Branche in Beschlag genommen wurde: Die nächste Gasse besteht ausschließlich aus Goldschmieden, in einer anderen gibt es nichts anderes als Stoffgeschäfte. Vor und in den Geschäften türmen sich Waren aller Art, Händler karren Nachschub für ihre Läden heran, und in den offenen Küchen am Straßenrand brutzelt allerlei Undefinierbares. Irgendwann ist kaum noch ein Durchkommen möglich, die Gasse ist zu einem schmalen Durchgang zwischen überberstenden Marktständen geschrumpft und wir werden von einem unerschöpflichen Menschenstrom einfach mitgerissen. Links und rechts zweigen endlose, dunkle Gänge voller Menschen ab, die Gerüche und Speisen der Garküchen sind längst alles andere als appetitlich und am plötzlichen Fäkaliengestank erkennen wir, dass sich dieser überdachte Marktabschnitt auf einer Brücke über einem Khlong befindet. Mittlerweile wollen wir noch nur raus aus diesem Chaos. Als wir dann auch noch über tote Ratten stolpern, die mitten auf dem Bürgersteig liegen, während direkt daneben Speisen zubereitet und verzehrt werden, kommt der verweichlichte Europäer in mir zum Vorschein und ich kotze mein Frühstück auf den Asphalt.

Unterwegs in Bangkok China-Town
Unterwegs in Bangkok China-Town

Irgendwann finden wir einen Ausweg aus dem Labyrinth des Marktes und finden uns auf einer großen, mindestens 4-spurigen (da jeder kreuz und quer fährt, lässt sich das nicht so genau definieren) Hauptstraße wieder. Erstmal wollen wir nur raus aus Bangkok Chinatown, doch das ist leichter gesagt als getan: Verkehrsampeln gibt es keine und Zebrastreifen dienen allerhöchstens als Straßenverzierung. Für zwei Fußgänger anhalten tut sowie keiner der Verkehrsteilnehmer und somit beschließen wir, einfach über die Straße zu gehen, ohne nach links und rechts zu sehen. Wie durch ein Wunder funktioniert dieser Trick tatsächlich, die Tuk-Tuks, Mopeds und Taxis machen einfach einen Bogen um uns. Nachdem man auf diese Weise mehrere Kreuzungen überquert hat, ist man trotzdem erstmal mit den Nerven am Ende. Zu unserer Erleichterung entdecken wir irgendwann zu unserer Linken einen kleinen Park, den wir sogar auf dem Stadtplan wiederfinden. Es handelt sich um den Suan Romaninart Park, ein ehemaliges Gefängnisgelände. Erschöpft fallen wir auf eine Parkbank und überlegen, was zu tun ist. Zum Grand Palace ist es von hier aus nicht mehr weit. Allerdings ist uns jede Lust auf Sightseeing vergangen. Wir müssen uns eingestehen, dass wir unser klimatisiertes 4-Sterne-Hotel den thailändischen Tempeln, Palästen und Bangkok Chinatown vorziehen. Im sicheren, angenehm kühlen Taxi lassen wir uns zurück zu unserer Hotel-Oase chauffieren, wo wir den Rest des Tages am Pool verbringen und keinen Fuß mehr vor die Tür setzen.

Im Nachhinein war dieser Tag übrigens einer der schönsten der ganzen Reise. Für den nächsten Bangkok-Aufenthalt ist auf jeden Fall schon jetzt ein kompletter Tag zur genaueren Erkundung von Chinatown eingeplant.

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