Der Gay Travel Index 2025 bietet auch in diesem jahr wieder eine hilfreiche Orientierung für queere Reisende – ist aber nicht frei von Kritik. Warum insbesondere die alljährlichen Warnungen vor Reisezielen wie Dubai hinterfragt werden sollten und welche Aspekte im Ranking möglicherweise zu kurz kommen, erkläre ich dir in diesem Artikel.
Zwischen Theorie und Realität: Wie praxisnah ist der Gay Travel Index 2025?
Kanada, Portugal, Island, Malta und Spanien bilden die Top 5 des neuen Gay Travel Index 2025, der vom Spartacus International Gay Guide veröffentlicht wurde. Deutschland landet diesmal auf Platz 6, unter anderem dank des neuen Selbstbestimmungsgesetzes. Ganz unten im Ranking stehen Länder wie Saudi-Arabien (Platz 212), der Iran (ebenfallss 212) oder die Vereinigten Arabischen Emirate (203). Damit sind wir wieder beim alljährlichen Dauerbrenner: „Urlaub in Dubai? Für Schwule keine gute Idee.“ Doch stimmt das wirklich?
Der Gay Travel Index soll auch 2025 wieder queeren Reisenden dabei helfen, sichere und offene Länder für ihren Urlaub zu finden. Die Bewertung erfolgt anhand von insgesamt 18 Kriterien, die von Antidiskriminierungsgesetzen über die Ehe für alle bis hin zu Strafandrohungen bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen reichen. Eine wichtige Orientierung, könnte man meinen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Der Index misst nur politische und rechtliche Rahmenbedingungen, nicht jedoch das tatsächliche Reiseerlebnis.
Dubai – wirklich so gefährlich?
Jedes Jahr das gleiche Lied: Dubai sei ein No-Go für queere Menschen. Doch wer schon einmal dort war, weiß, dass die Realität oft eine andere ist. Zwar wird Homosexualität in den Emiraten offiziell kriminalisiert, im Alltag ist sie jedoch kaum relevant, solange man sich diskret verhält. Viele homosexuelle Reisende berichten von unproblematischen Aufenthalten in Dubai mit stylischen Hotels, luxuriösen Beachclubs und einem höflichen, oft zurückhaltenden Personal.
Das Gleiche gilt für andere beliebte Urlaubsländer wie Ägypten (Platz 189), Tunesien (ebenfalls Platz 189), Marokko (auch 189) und die Türkei (Platz 144). Auch hier ist die rechtliche Lage für Schwule, Lesben und Transsexuelle durchaus kritisch ein. In der touristischen Realität erleben viele Reisende jedoch einen deutlich differenzierteren Alltag: In Hotels, Resorts und Touristenorten ist ein unauffälliger Aufenthalt in der Regel problemlos möglich. Tatsächlich verbringen Tausende schwule Männer dort jedes Jahr einen schönen und erholsamen Urlaub ohne Zwischenfälle. Pauschale Warnungen greifen daher zu kurz, wenn sie nicht zwischen gesetzlichen Rahmenbedingungen und gelebter Praxis unterscheiden.
Das ist natürlich kein Freifahrtschein. Eine pauschale Warnung ignoriert jedoch die gelebte Realität vieler Reisender und schürt unnötige Angst.
Warum Rankings wie dieser zu kurz greifen
Der Gay Travel Index erfüllt seine Funktion als politisches Barometer. Wer sich über die Lage der Menschenrechte informieren möchte, findet hier einen nützlichen Überblick. Als praktischer Ratgeber für Reiseentscheidungen ist er jedoch nur eingeschränkt zu gebrauchen. Er differenziert nämlich nicht zwischen Lebensrealität und Reisesituation.
Dass in den USA in vielen Bundesstaaten zunehmend queerfeindliche Gesetze verabschiedet werden, findet im Ranking oft zu wenig Niederschlag. Gleichzeitig bleibt unbeachtet, dass Länder mit repressiven Gesetzen teilweise sehr wohl sichere und moderne Urlaubsdestinationen bieten, sofern man sich der lokalen Kultur bewusst ist.
Mein Fazit
Auch in diesem Jahr liefert der Gay Travel Index 2025 wieder wichtige Impulse. Wer queer ist und reisen möchte, sollte sich jedoch nicht allein auf politische Rankings verlassen, sondern auch Erfahrungsberichte, Reiseblogs und die aktuellen Entwicklungen vor Ort berücksichtigen. Und vor allem sollte man sich nicht jedes Jahr aufs Neue von der vermeintlichen Warnung vor Dubai verrückt machen lassen. Denn Urlaub ist auch eine Frage des persönlichen Stils, des Bauchgefühls und des gesunden Menschenverstands. Und diese lassen sich nicht in ein Punktesystem pressen.
Mein Tipp: Wer eine individuelle Einschätzung zu einem Reiseziel sucht, sollte neben offiziellen Indizes auch Reiseberichte von queeren Bloggern, Postings von schwulenn Reisenden auf Instagram, Reiseforen oder persönliche Empfehlungen aus der Community berücksichtigen – und sich nicht blind von Rankings leiten lassen.