Am vergangenen Sonntag war es endlich soweit: Die Pet Shop Boys gastierten mit Ihrer „Super“-Tour live in Hannover in der Swiss Life Hall. Wie man sich beim Namen dieses Blogs denken kann, sind die Tierladenjungs für mich nicht irgendeine Band, sondern seit meiner Kindheit meine absoluten musikalischen Idole. Ihr Lied Being boring wird bis ans Ende meiner Tage mein Lieblingssong bleiben.
Ich kann mich noch genau erinnert, wie ich die Namensgeber meines Blogs zum ersten Mal im Fernsehen sah: Es war in einer Ausgabe der ARD-Sendung Formel 1. Das Duo hatte gerade mit It’s a Sin seinen bis dato größten Hit und stellte das aktuelle Album Actually vor. Mit dem Auftreten der beiden Jungs konnte ich mich sofort identifizieren: Es war keine dieser fürchterlichen, ewig gestrigen Rockbands mit Gitarren und langen Haaren. Der seriös gekleidete Neil Tennant und der coole Chris Lowe waren in keine Schublade zu stecken. Bis heute schwebt das Image der Band meilenweit über anderen Popstars, egal welcher Epoche.
Obwohl ich in der Sendung nur das eine Lied gehört hatte, sagte ich meiner Mutter, dass ich mir die Platte zum Geburtstag wünsche. Tatsächlich fand ich das Album wenige Tage später auf meine Gabentisch und verbrachte Rest des Tages damit, es zu hören. Die darauf enthaltenen Songs wie Heart, Shopping oder King’s Cross entführten mich in eine andere, neue Welt. Noch heute fühle ich mich beim Hören des Albums in das glamouröse London der späten 1980er Jahre zurückversetzt, als Popmusik noch eine Offenbarung war.
Mein erstes Pet Shop Boys-Konzert besuchte ich bereits im Jahr 2000 (glaube ich) in Hamburg. Leider muss ich zugeben, dass ich damals ziemlich enttäuscht war. Der Funke sprang während des Gigs überhaupt nicht über, was zu großen Teilen zwar an der ziemlich hässlichen Turnhalle, in der die Veranstaltung stattfand, lag. Aber auch die Musik und die Show scheinen mich nicht sonderlich berührt zu haben, da ich mich heute kaum noch an Elemente des Auftritts erinnern kann. Ok, die Pet Shop Boys sind einfach keine Liveband, dachte ich mir…. Entsprechend gering waren daher meine Erwartungen an das Konzert im Rahmen der Supertour in Hannover.
Pet Shop Boys – Supertour live in Hannover
Typisch Pet Shop Boys war schon der Beginn der Konzerts: Während andere Popgruppen auf dramatische Knalleffekte und Feuerwerks setzen, um ihren Auftritt mit maximaler Spannung einzuläuten, ging das Intro der Show (Inner Sanctum) beinahe nahtlos in die zuvor dudelnde Aufwärmmusik über. Und danach folgte eigentlich nur noch Hit auf Hit.
Was man den Pet Shop Boys ebenfalls hoch anrechnen muss ist, dass sie sich nicht auf ihren 80er- und 90er-Jahre-Lorbeeren ausruhen. Ohne Zweifel könnten Sie ein ganzes Konzert nur mit ihren größten Singlehits füllen. Stattdessen besteht die Setlist zu großen Teilen aus Songs der jüngeren Alben Super und Electric. Doch natürlich kommen auch die bekannten, älteren Hits nicht zu kurz. Dem Duo gelingt es auf den Konzerten der Supertour perfekt, der Nostalgie zu entgehen, ohne die eigene Geschichte zu leugnen. Obwohl sich die Pet Shop Boys für die Updates ihrer Songs bei durchgenudeltem Italo-Disco, Eurodance und Großraum-Rave bedienen, klingt ihr Sound live absolut frisch.
So ist der erste Höhepunkt der Show Love comes quickly vom allersten PSB-Album Please – übrigens ein Song, den ich im Original immer ziemlich langweilig fand. Die modernisierte Live-Version in Kombination mit der fantastischen Lasershow macht aber irgendwie plötzlich total Sinn und war vor allem sehr berührend. Absolutes Highlight des Konzerts in Hannover war für mich jedoch Vocal – der Versuch der Pet Shop Boys, einen waschechten EDM-Tune im Geiste von Calvin Harris und Konsorten zu machen, was ihnen ganz hervorragend gelungen ist. Ganz gegen meine zurückhaltende Art tanzte ich wie verrückt und wedelte mit meinen Armen in der Höhe, bis der Schweiß aus meinen Haaren spritzte und mein T-Shirt durchnässt war. Ich tauchte völlig ein in die grünen Laser und das pulsierende Soundmeer – ein herrlich euphorischer Augenblick, der ewig hätte dauern können!
Gegen Ende der Show taut dann auch das Hannoveraner Publikum auf der Tribüne endlich auf. Bei Domino Dancing steht die ganze Halle auf den Beinen und singt den Text gemeinsam mit dem Sänger: (All day, all day) Watch them all fall down, (All day, all day) Domino dancing… ein sehr bewegender Moment, welcher Neil Tennant sogar ein begeistertes Sehr gut! (auf Deutsch) entlockt. Das Publikum freut sich!
Nach dem Konzert spricht mir mein Freund S. aus der Seele: „Das Konzert hat ja all meine Erwartungen übertroffen!“. Er hatte erst wenige Tage zuvor Coldplay live in Hannover im Stadion gesehen. Dort wäre die Stimmung jedoch nicht annähernd so gut gewesen wie bei der Supertour der Pet Shop Boys.
Man merkt den Boys an, dass sie heutzutage mehr Spaß auf der Bühne haben als früher. Während sie auf den ersten Tourneen das klassische Popkonzert mit Tänzern und Kostümen auf ein kulturell höheres Level heben wollten, was beim Publikum (zumindest bei mir) nicht wirklich ankam, beschränken sie sich mittlerweile auf die Basics der Tanzmusik: Eine wummernde Bassdrum, pulsierende Sythesizer, eine famose Lightshow und lediglich drei Begleitmusiker/-innen, die jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt der Show erscheinen. Von all dem Pomp befreit zelebrieren die Pet Shop Boys auf ihren Konzerte heute die Ravekultur. Was sie von seelenlosen EDM-Acts der Neuzeit unterscheidet, die die Tiefe ihrer Lieder sowie die damit verbundenen Erinnerungen.