„Wenn nichts mehr geht, dann Gran Canaria“ – Tim Lienhards neue Doku

Tim Lienhards neuer Dokumentarfilm „Wenn nichts mehr geht, dann Gran Canaria“ ist ein Film über Sehnsüchte, Freiheit und das Yumbo Center. Es ist gleichzeitig eine Doku über das Leben jenseits der Norm.

Tim Lienhard bringt mit „Wenn nichts mehr geht, dann Gran Canaria“ einen sehr persönlichen, ungeschönten Film auf die Leinwand. Der Regisseur und Drag-Performer porträtiert in seinem neuen Dokumentarfilm das Leben auf Gran Canaria, genauer gesagt rund um das berühmt-berüchtigte Yumbo Center in Playa del Inglés – ein Epizentrum des schwulen Nachtlebens und gleichzeitig ein Ort der Selbstfindung, des Hedonismus und der Gemeinschaft.

Späte Liebe zu Gran Canaria

Für Lienhard selbst begann die Beziehung zur Insel durch die Liebe zu einem Mann. Zuvor war Ibiza sein Sehnsuchtsort, doch Gran Canaria überzeugte ihn durch seine Bodenständigkeit, seine Erreichbarkeit und seine ganz eigene Atmosphäre. Gerade ältere schwule Männer, erzählt er, fühlen sich auf der Insel besonders wohl – viele von ihnen verbringen hier ihren Ruhestand. Das Yumbo Center mit seinen rund 200 Bars, Clubs und Shows wird so zur Bühne für ein generationsübergreifendes Lebensgefühl.

Yumbo Center als queerer Mikrokosmos

Ob Dragshow, Karaoke, Clubnacht oder Bar mit dunkleren Ecken – das Yumbo ist in seiner Dichte und Offenheit weltweit einzigartig. Lienhard beschreibt es als einen Ort, an dem er als Drag nicht nur auftreten, sondern auch sein kann. Seine schrille Erscheinung mit der grotesk überzeichneten Sexualität wird dort nicht hinterfragt – sie ist Teil des Spiels, Teil der Performance. Und genau das spiegelt der Film wider: Menschen, die sich in diesem Mikrokosmos ausleben – ohne doppelten Boden.

Zwischen Körperkult und Selbstbefreiung

Inhaltlich lotet der Film das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Erwartung, zwischen Hedonismus und Selbstakzeptanz aus. Lienhard selbst spricht offen über eine frühere Lebensphase, die stark von äußerer Orientierung – Schönheit, Erfolg beim Cruisen, Körperoptimierung – geprägt war. Die Befreiung davon, so erzählt er, sei ihm erst durch Drag gelungen. „Drag sprengt das Koordinatensystem des Homonormativen“, sagt er – und bringt damit auf den Punkt, wie sehr sein Film auch eine Abrechnung mit engen Leitbildern ist.

Ein schwuler Sehnsuchtsort in konservativen Zeiten

Dass Gran Canaria für viele zum Rückzugs- und Sehnsuchtsort geworden ist, ist für Lienhard keine Überraschung – gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Rückschritts. Während auf Ibiza der Kommerz das Zepter übernommen hat, sieht er auf Gran Canaria noch echte Freiheit – wenn auch mit der leisen Sorge, dass das nicht ewig so bleiben wird.

Mut zur Nonkonformität

Dass der Film nicht überall gut ankommt, überrascht Lienhard nicht. Die Darstellung ist explizit, die Perspektive kompromisslos. Im Mittelpunkt stehen Männer – darunter Pornodarsteller, sexpositive Typen und Transvestiten. Der Film verweigert sich dem gefälligen Festival-Moralton und setzt stattdessen auf Selbstbewusstsein und Ehrlichkeit. Darin liegt seine Stärke.

Premiere und Vorstellungstermine

„Wenn nichts mehr geht, dann Gran Canaria“ feiert am 10. April 2025 um 19:30 Uhr im Berliner Kino Babylon Premiere. Weitere Termine:

  • 10.04.
  • 15.04. und
  • 17.04. jeweils um 20:00 Uhr
  • 17.04. zusätzlich um 18:15 Uhr

Ein Film für alle, die Sehnsucht, Exzess und Freiheit nicht nur konsumieren, sondern verstehen wollen.

Mehr Infos: https://timlienhard.de/

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