Das Herkulesmonument und der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel zählen zu den eindrucksvollsten Kulturdenkmälern Deutschlands. Sie bilden nicht nur eine faszinierende Mischung aus Architektur und Gartenkunst, sondern bergen auch ihre eigenen Herausforderungen
Vor einigen Monaten besuchte ich mit einem Freund aus Düsseldorf die Ausstellung „Alte Meister que(e)r gelesen“ in der Dokumenta-Stadt. Er war mit dem Zug angereist, während ich mich für die bequemere Anreise mit dem Auto entschieden hatte. Unser Ziel war das Museum Schloss Wilhelmshöhe, wo wir uns verabredet hatten. Was zunächst wie ein kultureller Ausflug aussah, entwickelte sich schnell zu einem echten Abenteuer, bei dem ich die Höhen und Tiefen des Bergparks im wahrsten Sinne des Wortes zu spüren bekam.
Herkules und Bergpark Wilhelmshöhe Kassel: Eine Einführung
Für alle, die Kassel nicht kennen: Der Bergpark Wilhelmshöhe und das Herkules-Denkmal gehören untrennbar zusammen. Sie gehören zu den eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. Ich muss allerdings gestehen, dass ich bis zu diesem Tag noch nie etwas davon gehört oder gelesen hatte.
Der Park erstreckt sich über 240 Hektar. Seine barocken Terrassen, die gewaltigen Wasserfälle und die majestätische Naturkulisse sind atemberaubend. Und über allem thront der Herkules, eine riesige Statue, das Wahrzeichen der Stadt. Er steht auf einer Pyramide, die wiederum auf einem monumentalen Oktogon ruht, ist das Wahrzeichen Kassels und überblickt den gesamten Park.
Besonders bekannt ist der Park für seine spektakulären Wasserspiele. In Kaskaden stürzt das Wasser den Hang hinab. Es beginnt am imposanten Herkules-Denkmal und fließt in Richtung Schloss Wilhelmshöhe, vorbei an meisterhaft angelegten Gartenanlagen. 2013 wurde der Park in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.
Doch so faszinierend die Anlage auch ist, sie birgt auch ihre Herausforderungen – wie ich an diesem Tag am eigenen Leib erfahren sollte.
Orientierungslosigkeit am Parkplatz
Ich hatte mich im Vorfeld nicht allzu sehr mit den Gegebenheiten des Parks beschäftigt. Das sollte sich als leichtsinniger Fehler herausstellen. Ich fuhr mit dem Auto in Richtung Kassel, vertraute blind dem Navi und landete schließlich auf einem Parkplatz direkt am Herkules-Denkmal. In meiner Naivität wähnte ich mich schon am Ziel. Doch weit gefehlt.
Ein Blick auf die Karte verriet mir, dass das Museum Schloss Wilhelmshöhe gut 220 Höhenmeter und 539 Stufen unter mir lag. Plötzlich erschien mir der Parkplatz alles andere als ideal. Hätte ich mich besser informiert, wäre ein anderer Parkplatz wohl sinnvoller gewesen. Aber jetzt wieder ins Auto steigen, quer durch Kassel fahren und einen neuen Parkplatz suchen? Nein, darauf hatte ich überhaupt keine Lust. Also beschloss ich, zu Fuß zum Museum zu gehen.
Der Abstieg: 539 Stufen und Wetterkapriolen
So beschloss ich, die Herausforderung anzunehmen und die Stufen vom Herkules-Denkmal zum Schloss Wilhelmshöhe hinabzusteigen. Der Weg begann relativ entspannt, begleitet von einem herrlichen Blick über den Park und die Stadt. Doch schon bald verdunkelte sich der Himmel. Was als leichter Regen begann, verwandelte sich innerhalb weniger Minuten in einen Hagelsturm. Der Wind peitschte uns ins Gesicht und ich begann zu bereuen, dass ich nicht den Umweg mit dem Auto genommen hatte. Einen Regenschirm hatte ich natürlich nicht dabei, denn ich war bei strahlendem Sonnenschein losgefahren.
Die Stufen waren durch den Regen rutschig geworden und jeder Schritt erforderte eine Mischung aus Konzentration und Gleichgewicht. Ich fragte mich: „Was tue ich mir hier eigentlich an?“. Zum Umkehren war es zu spät. Ich wollte meinen Freund nicht länger am vereinbarten Treffpunkt warten lassen. Also kämpfte ich mich weiter nach unten. Obwohl die Entfernung gar nicht so groß war, brauchte ich über die Treppen und die verschlungenen Wege des Parks schließlich mehr als eine halbe Stunde, um zum Ausstellungsort zu gelangen.
Der Rückweg: Eine letzte große Herausforderung
Nachdem ich die Ausstellung ausgiebig genossen hatte, stand mir noch der anstrengendste Teil des Tages bevor: der Rückweg zum Parkplatz am Herkules-Denkmal. Die 539 Stufen, die ich zuvor im Eiltempo hinabgestiegen war, wollten nun wieder erklommen werden.
Doch das Wetter hatte sich nicht gebessert – es regnete immer noch. Schon nach den ersten Metern merkte ich, dass dies kein Spaziergang werden würde. Der Regen hatte die Stufen rutschig gemacht. Aber das Schlimmste war, dass ich mit jedem Schritt die körperliche Anstrengung mehr und mehr spürte. Mein Herz schlug schneller, als ich es für möglich hielt. Mein Atem ging schwer und ich hatte das Gefühl, als würde mir die Luft ausgehen. Mehrmals musste ich auf den Treppenabsätzen stehen bleiben und eine Pause einlegen. Es war das körperlich Anstrengendste, was ich je erlebt hatte. Der Gedanke, noch Hunderte von Stufen vor mir zu haben, war alles andere als ermutigend. Aber umkehren war keine Option, also kämpfte ich mich weiter nach oben.
Erkenntnis: Lohnt sich der Besuch?
Auch wenn ich an diesem Tag die malerische Landschaft des Bergparks aufgrund des schlechtes Wetters nicht wirklich genießen konnte, half sie mir zumindest, nicht den Mut zu verlieren. Die Anlage erinnerte mich ein wenig an den Parc de Montjuïc in Barcelona.
Als ich schließlich nach fast einer Stunde völlig erschöpft und durchnässt oben am Herkules-Denkmal ankam, durchströmte mich eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Stolz. Trotz des anstrengenden Rückwegs hatte ich es geschafft. Aus einem harmlosen Museumsbesuch war eine körperliche Herausforderung und ein Abenteuer geworden, das ich so schnell nicht vergessen werde.
Auf jeden Fall möchte ich den Bergpark Wilhelmshöhe und den Herkules noch einmal bei schönem Wetter besuchen!