Wie schwule Männer vom Militärdienst in der Türkei ausgemustert werden

In der Türkei ist der Wehrdienst verpflichtend. Er dauert mindestens sechs Monate. Wer nicht dienen will, muss entweder eine hohe Geldsumme zahlen – oder sich offiziell ausmustern lassen. Für schwule Männer bedeutet das ein entwürdigendes Verfahren.

Ein Weg zur Ausmusterung ist das sogenannte „Pembe Tezkere“, auf Deutsch: „Pinke Bescheinigung“. Wer sie bekommt, gilt als „çürük“, also „verfault“. Schon dieses Wort zeigt, wie abwertend das System mit queeren Menschen umgeht.

Entmenschlichendes Prüfungsverfahren für Schwule in der Türkei

Um das „pinke Dokument“ zu erhalten, müssen Betroffene nachweisen, dass sie homosexuell sind. Dabei geht es nicht um ein Gespräch, sondern um intime Nachweise in Form von ärztlichen Gutachten, privaten Fotos und sogar expliziten Videos. Teilweise wird sogar verlangt, dass Männer nachweisen, ob sie beim Sex „aktiv“ oder „passiv“ sind, denn nur „passive“ Männer gelten als „untauglich“.

Millionen queere Menschen in der Türkei leben mit dieser Realität. Die Regierung unter Erdo?an hat in den letzten Jahren zahlreiche queerfeindliche Gesetze erlassen. Pride-Demonstrationen sind verboten und trans Personen werden offiziell nicht anerkannt. Im europäischen Vergleich landet die Türkei, wenn es um die Rechte queerer Menschen geht, fast ganz unten.

Kein Zivildienst – Freikaufen vom Militärdienst in Türkei kaum bezahlbar

Wer den Dienst beim Militär nicht antreten will und sich nicht ausmustern lassen möchte, kann sich freikaufen. Doch die Summe ist extrem hoch: rund 280.000 Türkische Lira – mehr als 6.000 Euro. Für die meisten ist das unerschwinglich. Eine Alternative wie den Zivildienst gibt es nicht. Wer den Dienst verweigert, wird verhaftet oder zwangsrekrutiert.

Ein Gerücht hält sich seit Jahren: Die Türkei soll durch das Ausmusterungsverfahren die größte Sammlung an schwulen Pornovideos besitzen. Belegt ist das nicht. Aber es zeigt, wie entwürdigend dieses System ist.

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