Ab diesem Donnerstag haben sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in Nepal die Möglichkeit, eine staatlich anerkannte Ehe einzugehen. Diese Entscheidung wurde am Mittwoch vom Supreme Court, der höchsten Justizinstanz des Landes, gefällt.
Vorherige Ehe-Definition und Versäumnisse des Gesetzgebers
In der Vergangenheit wurde die Ehe rechtlich als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert, obwohl das Höchstgericht bereits 2008 den Gesetzgeber aufgefordert hatte, Diskriminierung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren und solchen mit einer oder mehreren Personen des „dritten Geschlechts“ zu vermeiden. Bei einer Gesetzesrevision im Jahr 2017 behielt der Gesetzgeber jedoch die bisherige Definition der Ehe bei.
Ein historischer Beschluss und seine Ausführung
Die Klage wurde von neun Personen im Namen der LGBTQ-Organisation „Blue Diemond Society“ eingereicht. Der zuständige Richter Til Prasad Shrestha erkannte in seinem Urteil das Recht auf Ehe für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten an und forderte die Regierung auf, die nationalen Gesetze entsprechend zu ändern.
Gleichzeitig wies das in der Hauptstadt Kathmandu ansässige Gericht an, dass die Kläger und alle anderen interessierten Parteien ab Donnerstag ihre Ehen registrieren lassen können. Dafür soll zunächst ein temporäres Eheregister und Übergangsbestimmungen geschaffen werden, bis die Ehe für alle gesetzlich verankert ist. Die Regierung und die Behörden sind aufgefordert, dem Gericht entsprechendes Feedback zu liefern.
Reaktionen auf das Urteil und die Auswirkungen
Die Blue Diamond Society bezeichnete die Entscheidung in einer Presseerklärung als „historisch“, da sie den Paaren dieselben Rechte wie verheirateten Partnern gewährt.
Es könnte eine Weile dauern, bis das Parlament das Ehegleichstellungsgesetz verabschiedet, aber diese Entscheidung bietet eine sehr praktische Lösung für Mitglieder von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten, die ihre Ehe legal registrieren lassen möchten.
Pinky Gurung, die als Transfrau Präsidentin der Blue Diamond Society ist und selbst an der Klage beteiligt war, äußerte ihre Zufriedenheit mit dem Gerichtsurteil.
Wir haben unseren Kampf gewonnen und sind sehr zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts. Wir wurden aufgrund fehlender Gesetze schrecklich behandelt, aber jetzt können wir viele Schwierigkeiten einfach mit der Hilfe unseres Partners bewältigen.
Auswirkungen auf das „dritte Geschlecht“
Das Urteil hat auch größere Implikationen für geschlechtliche Minderheiten. Seit 2007 gibt es nach einem Urteil des Höchstgerichts ein rechtliches „drittes Geschlecht“, das eine Selbstidentifizierung als „andere“ („o“ = other) statt als „männlich“ („m = male“) oder „weiblich“ („f = female“) ermöglicht. Laut der bisherigen Definition der Ehe war eine Ehe mit dieser Kategorisierung bisher nicht möglich. LGBTQ-Organisationen haben sich lange für eine angemessene und zeitgemäße Anerkennung von trans und nicht-binären Personen eingesetzt, die bislang – abgesehen von aktuelleren Urteilen zu Einzelpersonen – nur als „drittes Geschlecht“ rechtlich anerkannt wurden. Eine trans Frau wurde zum Beispiel nicht als Frau anerkannt.